Vom Party-Camping Platz in Santander
ging es auf einer recht unspektakulären Tour in Richtung Comillas.
An diesem Tag bekam ich die Küste nur höchst selten zu Gesicht.
Auch brach auf einem Feldweg eine jener Schrauben, die meinen
Gepäckträger mit dem Rahmen verbinden. Glücklicherweise existierte
eine zweite Bohrung, die ich an Stelle der ersten verwenden konnte,
andernfalls hätte das durchaus das Ende meine Tour bedeuten können
– trotz meines vielen Gepäckes habe ich nämlich keine
Bohrmaschine am Mann.
Die Herberge in Comillas fasste 20 Leute und
befand sich in den Mauern eines ehemaligen Gefängnisses. Von dort
hatte man einen atemberaubenden Blick auf die See und einen alten
Friedhof. Hier traf ich auf Sophia aus Neuseeland, Sinead aus Irland,
Miku aus Finland, Thomaso aus Italien und einen Spanier, dessen Namen
mir leider entfallen ist. Mit dieser bunt gemischten Truppe, die in
mehr oder weniger dieser Konstellation seit Irún unterwegs ist,
verlebte ich nach gemeinsamem Bad im Atlantik einen lustigen Abend in
einem ortstypischen Fischrestaurant in der Altstadt von Comillas. Mit
Krabbenbein und allem.
Nach einer Pilgerumarmung von Miku und
Sinead ging es am nächsten Morgen weiter. Das Ziel diesen Tages was
Ribadesella, ein Ort ohne nennenswerte Altstadt und ohne
Pilgerherberge, dafür jedoch mit Strand und einem schattigen
Zeltplatz.
Die Nacht verbrachte ich in meiner Hängematte und wurde
am nächsten Tag von der frischen Seebrise zu einem frühen Start
angetrieben.
Nicht früh genug, wie sich bald
herausstellen sollte. Es war viel zu warm und zu sonnig, so fing ich
mir trotz Helm einen Sonnenstich ein. Mit Brummschädel, Tunnelblick
und Magenschmerzen kam ich in Gijón an. Auch hier übernachtete ich
auf einem Zeltplatz und nach der Einnahme von wahren Fluten von
Wasser ging es mir wieder besser. Der Campingplatz in Gijón liegt
auf einer Klippe an der Steilküste und biete einen wunderbaren Blick
über Stadt und Bucht, Santander nicht unähnlich. Hier traf ich des
Abends drei weitere Fahrradpilger, Belgier. Wir unterhielten uns gut
und gerne wäre ich mit jenen dreien, die auch mein Tempo zu fahren
schienen weitergefahren – doch sie hatten sich bereits entschlossen
in Gijón einen Tag zu pausieren.
Wieder allein fuhr ich also am nächsten
Tag nach Luarca. Das zumindest war mein Ziel. Doch der Sonnenstich
hatte mich etwas entkräftet zurück gelassen und so entschied ich
mich nach einer frustrierend langwierigen Etappe bereits in Santa
Marina halt zu machen, wo es eine Hospidaje und Pilgerzimmer für
wenig Geld gab. Wie schon erwähnt ist seit ich auf dem Camino del
Norte bin nahezu jede Herberge ausgebucht und jeder als solcher
designierte Pilgerort auch tatsächlich von mindestens einem Pilger
bewohnt, so dass ich zum Abendessen meist Gesellschaft habe. In
diesem Fall namentlich ein Bayrisches, ein Amrikanisches und ein
Irisches Pärchen, allesamt zu Fuß.
Tags darauf kam ich dann tatsächlich
durch das ehemalige Walfangdorf Luarca. Ich hielt jedoch nicht an,
sondern fuhr weiter bis nach Ribadeo, wo man die Grenze zwischen
Asturias und Galicia überquert. Die örtliche Herberge war leider
jedoch ausgebucht und so zog ich mich abermals auf den Campingplatz
zurück. Gut so; denn sonst hätte ich den schönsten Strand meiner
Tour verpasst.
Der N-634 (Carretera Irún-Santiago)
folgend verließ ich nun die Küste und wandte mich Inlands.
Abadín liegt im galizischen Hochland,
doch ich war gefasst darauf, dass die letzten paar Etappen meiner
Tour abermals Bergziegenetappen sein sollten. Die N-634 ist jedoch
einfach zu befahren und zieht sich solang man ihr folgen kann wie
eine Schnur hügelauf und -ab. Rät einem die Karte sie zu verlassen,
wird es schnell zu bergig zum Fahren und mehr als nur einmal musste
ich an diesem Tag schieben. In Abadín geschah zum ersten Mal wovor
ich bereits des öfteren gewarnt worden war: Ich wurde in der
Herberge abgewiesen, mit der Begründung man müsse erst einmal die
Fußgänger einlassen. In diesem speziellen Fall erschloss sich mir
diese Vorgehensweise jedoch nicht – die alternative Unterkunft, die
mir der unfreundliche Herbergsvater wieß, lag auf der anderen
Straßenseite in einer Pension, war ergo sowohl für Fahrradpilger
als auch für Fußgänger gleich gut zu erreichen. Ein weiterer Fakt
der mir sauer aufstieß war, dass ich nun auch zunehmend über
Ein-Tags-Pilger stolperte, ein Begriff den ich in Ermangelung eines
besseren benutze. Als Fußgänger muss man lediglich die letzten
100km bewältigt haben, als Fahrradpilger lächerliche 200km – eine
Tatsache, die sich viele Spanier zu Nutze machen und diese 200km an
zwei Tagen herunter reißen, auf dass sie „Pilgerreise nach
Santiago“ in ihren Lebenslauf schreiben können
Solche erkennt man
an leichtem Gepäck sowie Saufgelagen am Abend.
In Sobrado dos Monxes, meinem nächsten
Ziel, traf ich auch einige davon. „Echte“ Pilger überwogen
jedoch. In einem alten Zisterzienserkloster finden knapp 100 Pilger
Unterschlupf. Ein wirklich beeindruckender Ort. Die Zimmer lagen in
kleinen Zellen, die direkt vom Kreuzgang abgingen. In einem
gesonderten Teil der Anlage leben auch heute noch einige Brüder.
Vielleicht eine der schönsten Herbergen die ich erlebte.
Am nächsten Tag kam ich dann endlich
nach Santiago.